Darauf haben die Sparer langen warten müssen. Die Europäische Zentralbank hat angekündigt, den Leitzins anzuheben. Das ist die erste Erhöhung des Leitzinses seit elf Jahren. Damit beendet die EZB die jahrelange Nullzinspolitik im Euroraum. Mit dieser Maßnahme will die EZB der hohen Inflationsrate entgegenwirken.
Hauptrefinanzierungszins steigt auf 0,5 Prozent
Genaugenommen gibt es nicht nur einen Leitzins, sondern gleich drei verschiedene Leitzinsen. Im Fokus des öffentlichen Interesses steht dabei zumeist der Hauptrefinanzierungszins (Hauptrefinanzierungsfazilität). Der Hauptrefinanzierungszins gibt an, zu welchem Zinssatz sich die Geschäftsbanken über einen längeren Zeitraum Geld von der Zentralbank leihen können. Dabei gilt eine Mindestlaufzeit von einer Woche. Seit März 2016 lag der Hauptrefinanzierungszins im Euroraum bei null Prozent. Nun plant die EZB eine Anhebung des Hauptrefinanzierungszinses auf 0,5 Prozent. Ein größerer Schritt als allgemein erwartet wurde.
Hohe Inflation soll durch Erhöhung des Leitzinses bekämpft werden
Mit dem höheren Leitzins steigen auch die Kosten für die Banken. Diese wiederum geben die gestiegenen Kosten in der Regel direkt an Verbraucher und Unternehmen in Form höherer Zinsen auf Privat- und Firmenkredite weiter. Somit wirkt sich die Erhöhung des Hauptrefinanzierungszinses direkt auf die Höhe der Ausgaben, der Kreditaufnahme und des Sparbetrages innerhalb des Euroraums aus. Die Europäische Zentralbank erhofft sich dadurch, die Geldentwertung stoppen zu können und die Inflationserwartungen in den Griff zu bekommen.
Das ist auch dringend nötig. Denn im vergangenen Monat Juni 2022 lag die Inflationsrate im Euroraum bei 8,6 Prozent. Damit war die Inflationsrate weit über dem in den EU-Verträgen festgeschriebenen Zielwert, wonach eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent anzustreben ist.
EZB erhöht Spitzenrefinanzierungssatz ebenfalls
Doch die EZB plant nicht nur eine Erhöhung des Hauptrefinanzierungszinses, sondern will gleichzeitig mit dem Spitzenrefinanzierungssatz einen weiteren Leitzins erhöhen. Der Spitzenrefinanzierungssatz legt fest, zu welchen Zinsen sich die Geschäftsbanken kurzfristig, etwa über Nacht, bei der Zentralbank Geld leihen können. Seit März 2016 lag der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 Prozent. Jetzt soll er ebenfalls um 0,5 Prozent steigen, sodass er dann bei 0,75 Prozent liegt. Über den Spitzenrefinanzierungssatz kann die EZB die Liquiditätsversorgung der Geschäftsbanken steuern. Ein niedriger Spitzenrefinanzierungssatz hat eine erhöhte Geldmenge zur Folge und begünstigt damit einen Anstieg der Inflation.
Einlagensatz nicht mehr negativ
Darüber hinaus hat die EZB auch angekündigt, dass der Einlagensatz (Einlagefazilität) steigen soll, sodass er endlich den Negativbereich verlässt. Über den Einlagensatz wird festgelegt, zu welchen Konditionen die Geschäftsbanken überschüssiges Kapital bei der Zentralbank einlagern können. Bereits seit dem Jahr 2014 war der Einlagensatz negativ. Jetzt soll der Einlagensatz auf 0 Prozent steigen, sodass die Negativzinsen Geschichte sind. Für die Banken bedeutet das, sie müssen keine Gebühren mehr zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank parken.
Darüber dürften sich auch viele Sparer freuen. Denn das Verwahrentgelt, dass viele Banken schon bei Sparguthaben ab 5.000 Euro berechnen, dürfte damit erst einmal der Vergangenheit angehören. Aber auch wenn die Nominalzinsen durch den höheren Leitzins jetzt steigen sollten, müssen Sparer trotzdem mit einer Entwertung ihres Sparguthaben rechnen, da die Realzinsen wegen der hohen Inflation noch länger negativ bleiben werden.